ER IST EIN MANN DER SUPERLATIVE. 30 JAHRE LANG VORSITZENDER VOM ADAC-BERLIN UND BRANDENBURG, 40 JAHRE IM VORSTAND, DANN EHRENMITGLIED. HOCHDEKORIERT, HOCHGELOBT, IMMER NOCH HOCH IM KURS. EIN DAHLEMER MIT LEIB UND SEELE.
» Wie soll schon ein Leben verlaufen, wenn man nur weniger Meter von dem Ort aufgewachsen ist, in dem die Kernspaltung entdeckt worden ist? Auf jeden Fall höchst impulsiv. In der Garystraße in Dahlem, direkt gegenüber dem Kaiser-Wilhelm-Institut für Chemie, hat er seine Kindheit verbracht, anfangs ungetrübt, dann überschattete der Krieg die Sturm- und Drangjahre des jungen Mannes, der am 20. März – der Tag wurde später von der UN zum Weltglückstag erkoren, aber nicht seinetwegen – das Licht unseres Planeten erblickte.
» Während der Berlin-Blockade waren in seinem Elternhaus amerikanische Oberste untergebracht. „Meine Mutter arbeitete im eigenen Haus als Housekeeper“, erinnert sich Dr. Wolf Wegener. „Meine Eltern, meine Schwester und ich, wir lebten alle in meinem Kinderzimmer. Aber wenigstens hatten wir eine warme Stube.“ Solches Erleben stählt einen fürs Leben.
»Er gehörte zu der ersten Schulklasse, die nach dem Krieg in Berlin unterrichtet wurde. Im renommierten Arndt-Gymnasium in Dahlem wird Bulle Wegener, so nennen ihn seine Mitschüler respektvoll, alsbald zum begehrten Arndtissimus ernannt, eine Art Schülersprecher. Als 1950 der im Krieg als Ackerland verkommene Sportplatz feierlich wiedereröffnet wird, hält Bulle Wegener seine erste Rede. Er hielt sie so pathetisch, „als ob alle alten Arndtler, tote und lebende, zu seinen Zuhörern gehörten“, fasste es Schuldirektor Prof. Wachsmuth zusammen.
» Wolf Wegener kann alles, nur nicht Durchschnitt. Als er im Krieg im Garten seiner Eltern Gemüse anpflanzt, gewinnt er den Nachbarschaftspreis für das dickste Gemüse, einen 1087 Gramm schweren Kohlrabi. „Der wird bestimmt mal Obergärtner“, urteilte Nachbarin Erna Schwericke voller Ehrfurcht. „Das fand meine Mutter aber gar nicht zielführend“, sagt Dr. Wegener schmunzelnd.
»Auch als Einsegnungsjunge machte er in Dahlem lautstark auf sich aufmerksam. Nachdem im Turm der Jesus-Christus-Kirche eine einzelne Glocke vom „Glockenfriedhof“ in Hamburg abstürzte, sollten im Januar 1954 die nächsten neuen Glocken aus Stahl eingeweiht werden. Doch der gute Junge gab bereits Silvester 1953 eine Tonprobe – mit all seiner Muskelkraft.
»Seine Konfirmation in der mittelalterlichen St.-Annen-Kirche fiel ebenfalls aus dem Rahmen. „Da wir so viele Kinder waren, kündigte der Pfarrer an, dass er uns Jungen einen Sonntag später einsegnen würde.“ Da kannte der Pfarrer aber die Wegeners schlecht. „Mein Vater hatte bereits Gäste eingeladen. Verschieben kam für ihn nicht in Frage.“ Und so erhielten Wolf Wegener und ein anderer Jüngling zusammen mit 20 Mädchen Gottes Segen. Die Gesellschaft von Damen hat er eben schon immer genossen.
»In der Tanzschule Keller – „Wir mussten zu jeder Tanzstunde ein Brikett zum Heizen mitbringen“ – lernte er die Schritte, die sein Leben bestimmen sollten. Beim Tanztee im schweizerischen Arosa lernte er seine Frau Ilse kennen. Später, als er längst Vorsitzender vom ADAC-Berlin und Brandenburg war, organisierte er seine legendären ICC-Bälle mit heute unglaublichen 8.000 Gästen – ganz klar Deutschlands größte Tanzveranstaltung – und jeder Menge Show-Prominenz.
»1963, als John F. Kennedy das geteilte Berlin besucht, wird er selber für einen der mächtigsten Männer der Welt gehalten. Auf dem Kudamm sprechen ihn einige Berlinerinnen mit leuchtenden Augen als „Mr. President“ an. »Aber ihn haben nicht nur die Höhen des Lebens geprägt. 1997 werden er und seine Frau Opfer eines bewaffneten Raubüberfalls in seinem Haus in der Pücklerstraße. „So etwas macht nachdenklich“, sinniert er und schaut aus dem Fenster. Seine legendäre Brunnenparty, die im Garten seines Bungalows den Anfang nahm und sich dann zu einem Berliner VIP-Event emporrankte, fiel auf ihrem Höhepunkt ins Wasser. Der 11. September 2001 hatte seine eigenen Regieanweisungen. Aber einen Bullen haut so schnell nichts um.
»Ach ja: Das Grundstück seines Privathauses, in das er 1968 einzog, hatte er zuvor einem Axel Cäsar Springer abgekauft. „Zu der Zeit kannten wir uns noch nicht persönlich.“ Später gründeten die beide dann zusammen die Aktion „Ein Herz für Kinder“, die heute noch Millionen Menschen vor den Fernseher lockt. » Und er hat Berlin vor Unglücken zu schützen gewusst, weil Dr. Wegener zu Zeiten des Berliner 4-Mächte-Status den Rettungshubschrauber Christoph 31 in West-Berlin aus der Taufe gehoben hat. „Den habe ich in Amerika bei Mr. Parker gekauft, und er wurde in Einzelteilen hergeschafft und zusammengesetzt. Mit 3 Pilotenstaffeln, die ihn flogen," schwärmt stolz der Dahlemer, der unendlich viel für seine Stadt getan hat und nächstes Jahr seinen 90.Geburtstag begeht. „Ich rechne fest mit mir“, sagt er, und seine stahlblauen Augen leuchten.
Von Heidi Müller
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